Hast du heute schon in den Spiegel geschaut? Wie gestresst fühltest du dich in diesem Moment und wie gesund wirkte das Spiegelbild, das dir entgegenblickte? Die Auswirkungen von Stress sind überall – von den dunklen Ringen unter den Augen, überwältigend langen To-Do-Listen, über die gereizte Reaktion auf Kleinigkeiten bis hin zu schlaflosen Nächten und Gedankenkarussell in Dauerschleife. Stress macht sich nicht nur im Spiegel bemerkbar, sondern auch in deinem Alltag und deinem Wohlbefinden.
Judith Peters áka Sympatexter hat auf ihrem Blog zum Blogsommer 2024 mehr als 100 Blogparaden zusammengetragen. Gleich mehrere Blogparaden laden dazu ein, sich dem Thema Stress zu widmen. Birgit Buchmayer ruft eine Blogparade aus unter der Überschrift „Achtsam entspannt; das ist meine Methode, Stress abzubauen“, während es bei Jutta Gründler „Schluss mit Stress: Deine Strategien für einen souveränen Alltag“ heißt. Renata Mauz fragt „Was ist Stress für dich?“.
In meiner Arbeit mit Erwachsenen spielt Stress eine entscheidende Rolle. Die meisten Erwachsenen kommen zur Reflexintegration, weil sie sich wünschen, sich weniger oft und weniger doll gestresst zu fühlen. Hier erreichen wir durch die Integration der Stressschutzreflexe und die gezielte Aktivierung des ventralen Vagus oft enorme positive Veränderungen für das Leben der Betroffenen. Aber der Reihe nach….
Was ist Stress?
Stress ist eine biologische Reaktion auf wahrgenommene Bedrohungen oder Herausforderungen, die durch das Nervensystem ausgelöst wird. Stress aktiviert den „Kampf-oder-Flucht“-Modus, der tief in unserem Überlebensinstinkt verankert ist. Dies geschieht durch die Ausschüttung von Stresshormonen wie Adrenalin und Cortisol. Diese Hormone bereiten den Körper darauf vor, schnell zu reagieren, indem sie die Herzfrequenz erhöhen, die Atemwege erweitern, den Blutzuckerspiegel anheben und die Muskeln mit mehr Sauerstoff versorgen.
Positive Auswirkungen von Stress
Stress kann sowohl positive als auch negative Auswirkungen haben, abhängig von seiner Intensität und Dauer. Tritt Stress nur kurzfristig und kontrolliert, das heißt überschaubar in Menge und Ausmaß auf, kann er sich z.B. leistungssteigernd auswirken. Positive Auswirkungen dieses sog. Eustress sind z.B.
- Erhöhte Aufmerksamkeit und Fokussierung: Stress kann die Aufmerksamkeit, Konzentration und das Erinnerungsvermögen steigern, was hilfreich sein kann, um in anspruchsvollen oder gefährlichen Situationen schnell zu reagieren. In Prüfungssituationen oder bei sportlichen Wettkämpfen kann das zu kurzzeitigen Leistungssteigerungen führen.
- Kurzfristige Leistungssteigerung: Durch die Freisetzung von Adrenalin und anderen Stresshormonen wird der Körper in einen Zustand versetzt, in dem er mehr Energie und Kraft mobilisieren kann. Dies kann zu einer verbesserten körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit führen.
- Motivation und Zielerreichung: Stress kann als Antrieb dienen, um wichtige Aufgaben zu erledigen oder Herausforderungen zu meistern. Ein gewisses Maß an Stress kann dazu beitragen, dass Menschen Ziele schneller erreichen und produktiver arbeiten. Ein eng gesetzter Abgabetermin kann dazu führen, dass du fokussierter und effizienter arbeitest.
- Stärkung der Resilienz: Das Erleben und Überwinden von Stresssituationen kann die psychische Widerstandsfähigkeit (Resilienz) stärken und dazu beitragen, zukünftige Herausforderungen selbstbewusster, mutiger und gestärkter zu bewältigen.
- Förderung von Kreativität und Problemlösungsfähigkeiten: Unter Stress bist du möglicherweise gezwungen, kreative Lösungen für Herausforderungen zu finden. Dies fördert oft innovative Ideen und neue Denkansätze.
- Schnelle Reaktion in Notfällen: In gefährlichen Situationen sorgt Stress dafür, dass der Körper sofort in den „Kampf-oder-Flucht“-Modus übergeht, was eine schnelle Reaktion und möglicherweise das Leben rettet. Vielleicht kennst du das ja auch, dass dir in einem stressigen Moment eine Idee kommt, die plötzlich „DIE“ Lösung ist. Hinterher frage ich mich dann oft, warum ich da nicht früher drauf gekommen bin.
- Verbesserung der sozialen Bindungen: Stress kann in bestimmten Situationen dazu führen, dass Menschen sich gegenseitig unterstützen und engere Beziehungen aufbauen, beispielsweise in Krisenzeiten oder bei gemeinsamer Problembewältigung. Nimm all die vielen Beispiele zum Beispiel in Überschwemmungsgebieten, wo Menschen, die sich vorher gar nicht kannten, plötzlich füreinander da sind, sich unterstützen und zusammen stehen. Die gemeinsame Katastrophe bringt sie zusammen.
- Förderung persönlichen Wachstums: Die Überwindung stressiger Situationen stärkt dein Selbstvertrauen. In Zukunft bist du möglicherweise eher bereit, deine Komfortzone zu verlassen, um dich einer neuen Situation zu stellen. Du traust dir mehr zu und wirst mutiger. Ich kann dir aus eigener Erfahrung sagen – persönliches Wachstum findet immer außerhalb deines „sicheren Speckgürtels“ statt; wenn du Veränderung willst, musst du raus aus dem Komfortbereich deines Lebens – und das geht nicht ohne Stress.
Wie du siehst, ist Stress nichts per se schlechtes. Wie so oft: die Dosis macht das Gift. Positiver Stress führt zu einem kurzfristigen Anstieg der Herzfrequenz und sorgt für einen leichten Anstieg deines Stresshormonspiegels. Du bist fokussierter bei dem, was du tust, deine Aufmerksamkeit ist erhöht.
Stress und seine negativen Auswirkungen
Bitte verstehe mich nicht falsch. Ich bin kein Fan von Stress. Ich kann jedoch anerkennen, dass es so ganz ohne auch nicht geht und, dass er zuweilen durchaus eine Unterstützung sein kann.
Neben dem Eustress, also dem positiven Stress – gibt es den für unsere Gesundheit schädlichen und dich mental und körperlich beeinträchtigenden negativen Stress. Stress, der intensiv, häufig oder langfristig auftritt, möglicherweise noch verstärkt, weil Körper oder Geist keine ausreichende Erholungsphasen haben.
- Chronischer Stress: Wenn Stress über längere Zeit anhält, kann er zu chronischem Stress führen, der das Immunsystem schwächt, Entzündungen fördert und das Risiko für Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Depressionen erhöht.
- Überforderung und Burnout: Anhaltender Stress ohne ausreichende Pausen oder Erholung kann zu einem Gefühl der Überforderung führen und letztendlich zu Burnout, einem Zustand emotionaler, körperlicher und mentaler Erschöpfung.
- Beeinträchtigung der mentalen Gesundheit: Langanhaltender oder intensiver Stress kann Angstzustände, Depressionen und andere psychische Störungen verschlimmern oder auslösen. Dies kann zu Schlafstörungen, Konzentrationsproblemen und einem allgemeinen Gefühl der Niedergeschlagenheit führen.
- Negative Auswirkungen auf Beziehungen: Stress kann zu Reizbarkeit, Ungeduld und Konflikten in zwischenmenschlichen Beziehungen führen. Spannungen in der Familie, unter Freunden oder am Arbeitsplatz sind mögliche Folgen.
- Schwächung des Immunsystems: Chronischer Stress schwächt das Immunsystem, wodurch der Körper anfälliger für Infektionen und Krankheiten wird.
- Leistungsabfall: Während kurzfristiger Stress die Leistung steigern kann, führt dauerhafter Stress zu Konzentrationsproblemen, Entscheidungsunsicherheit und einem Rückgang der Produktivität.
- Physische Gesundheitsprobleme: Langfristiger Stress kann zu physischen Beschwerden wie Kopfschmerzen, Magenproblemen, Bluthochdruck und Muskelverspannungen führen. Diese Symptome können sich im Laufe der Zeit verschlimmern und zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen beitragen.
- Schlechtere Lebensqualität: Wenn Stress das tägliche Leben dominiert, kann dies zu einer geringeren Lebenszufriedenheit führen. Aktivitäten, die dir früher Freude bereitet und Spaß gemacht haben, werden mehr und mehr vernachlässigt, was dein Wohlbefinden noch weiter beeinträchtigt.
Endlich ent-stresst? Ursachenforschung von der Wurzel an.
Ich selbst war jahrelang ein echtes Stress-Monster; 4 kleiner Kinder, die Gründung der Kitas, Hund und Haus – ich war oft an meinen Grenzen, fühlte mich überfordert und wusste vor lauter ToDo´s nicht, wohin mit mir. In der Folge habe ich Dinge getan, über die ich heute nur noch ungläubig den Kopf schütteln kann: ich habe Mitarbeiter angeschrien, mich heftig gestritten – auch wegen Kleinigkeiten, ich hatte Ein- und Durchschlafprobleme, Tinnitus und vor allem heftige Rücken-, Nacken- und immer wieder auch schlimme Kopfschmerzen. Nach der Trennung von meinem (inzwischen Ex-)Mann kamen heftige Panikattacken hinzu. Mein Stress hatte mich im Griff und bestimmte mein Leben und meine Gesundheit.
Und dann traf ich auf etwas, das für mich und mein Leben zum absoluten Gamechanger wurde: Reflexintegration. Seither ist meine Antwort auf jede Frage zum Thema Stress immer erst mal die: Sind deine frühkindlichen Reflexe, allen voran die Stressschutzreflexe integriert?
Was sind frühkindliche Reflexe?
Restaktive frühkindliche Reflexe und Stress stehen in engem Zusammenhang, da nicht integrierte oder noch aktive frühkindliche Reflexe das Nervensystem beeinflussen und dadurch die Stressreaktionen des Körpers verstärken können.
Frühkindliche Reflexe sind automatische, stereotype Bewegungsmuster, die sich im frühesten Lebensstadium entwickeln und dazu beitragen, dass sich das Nervensystem und der Körper des Kindes optimal entwickeln. Diese Reflexe sollten in den ersten Lebensmonaten bzw. bis spätestens zum 3. Lebensjahr vollständig integriert, das heißt kontrolliert und in höher entwickelte motorische Fähigkeiten umgewandelt werden. Passiert das nicht, wirken sich die Restaktivitäten frühkindlicher Reflexe nachhaltig negativ auf die Entwicklung des Kindes aus und beeinträchtigen das Leben und den Alltag des Menschen solange, bis aktiv die nachträgliche Integration durch gezieltes Reflexintegrationstraining herbeigeführt wird.
Zusammenhang zwischen restaktiven frühkindlichen Reflexen und Stress
Restaktive frühkindliche Reflexe wirken sich negativ auf unser persönliches, individuelles Stressempfinden aus. Sie verstärken Stress und sorgen außerdem dafür, dass wir nicht in der Lage sind, angemessen zu reagieren oder uns zu regulieren. Weitere Auswirkungen können sein:
- Überempfindlichkeit gegenüber Reizen: Wenn frühkindliche Reflexe nicht richtig integriert sind, reagiert dein Nervensystem überempfindlich auf äußere Reize. Das führt zu übersteigerten Stressreaktionen auf normalerweise harmlose Reize wie laute Geräusche, helles Licht oder Berührungen. Mich persönlich hat Lärm zum Beispiel unglaublich getriggert; was bei 4 Söhnen und einem beruflichen Alltag in Kita und Schule echt ´nen guten Stresscocktail bereitgestellt hat – jeden Tag.
- Dauerhafte Aktivierung des Stresssystems: Restaktive frühkindliche Reflexe, wie der Moro-Reflex oder der Furcht-Lähmungs-Reflex, können das sympathische Nervensystem überaktivieren. Dadurch verharrt dein Körper in einem ständigen „Kampf-oder-Flucht“-Modus, was langfristig zu chronischem Stress und Erschöpfung führen kann. Dein Körper ist quasi 24/7 im Überwachungsmodus und checkt jeden Reiz, der auf dich einwirkt dahingehend ab, ob sich aus ihm eine mögliche Gefahr für deine Gesundheit oder dein Überleben ergibt. Es ist als ob du in einem Krisengebiet lebst und ständig damit rechnen musst, dass ein Heckenschütze auf dich abfeuert oder eine Bombe einschlägt während du die Straße überquerst. Genauso lässt sich der Zustand deines Nervensystems beschreiben.
- Erschwerte Stressbewältigung: Menschen mit restaktiven frühkindlichen Reflexen haben oft Schwierigkeiten, Stress effektiv zu bewältigen. Da ihr Nervensystem leicht überlastet wird, fällt es ihnen schwerer, sich zu entspannen und auf Stressoren angemessen zu reagieren. Wie solltest du auch entspannen können, wenn dein Körper ständig in Alarmbereitschaft ist.
- Beeinträchtigung der emotionalen Regulation: Nicht integrierte frühkindliche Reflexe können zu übermäßigen emotionalen Reaktionen führen, wie Ängstlichkeit, Reizbarkeit oder Wut, was den Stress zusätzlich verstärkt.
- Erschöpfung des Nervensystems: Ein ständig aktiviertes Stresssystem aufgrund restaktiver Reflexe überlastet dein Nervensystem. Du bist erschöpft – und landest im Burnout. Dein Körper ist dann nicht mehr in der Lage, auf neue Stressoren angemessen zu reagieren.
- Körperliche Auswirkungen: Restaktive frühkindliche Reflexe führen zu Muskelverspannungen, indem sie unwillkürliche, dauerhafte Muskelkontraktionen auslösen, die den Körper in Fehlhaltungen zwingen und chronische Anspannung verursachen. Diese Muskelverspannungen erhöhen das Stressempfinden, da sie dein Nervensystem ständig in Alarmbereitschaft halten. Dadurch wird die Resilienz geschwächt, und der Körper kann schlechter auf Stress reagieren und sich erholen. Dein ohnehin schon chronischer Stresszustand wird noch mal mehr verstärkt.
Besondere Bedeutung der Stressschutzreflexe
Sprechen wir über Stress, kommt den Stressschutzreflexen stets eine besondere Bedeutung zu. Der Furcht-Lähmungs- und der Moro-Reflex spielen eine zentrale Rolle beim Umgang des Körpers mit Stress. Beide Reflexe sind darauf ausgelegt, den Körper in stressigen oder bedrohlichen Situationen zu schützen und eine angemessene Reaktion zu ermöglichen.
Den Stressschutzreflexe kommt in hohem Maß eine grundlegende Überleben sichernde Bedeutung zu. Sie werden aktiviert, jedes Mal wenn der Körper eine Bedrohung wahrnimmt. Die Stressschutzreflexe haben die Aufgabe, deinem Körper zu ermöglichen, schnell reagieren zu können – entweder durch Kampf, Flucht oder Erstarren. Diese Reflexe mobilisieren Energie und schärfen die Sinne, um dein Überleben zu sichern.
Darüber hinaus sind die Stressschutzreflexe eng mit der Freisetzung von Stresshormonen wie Adrenalin und Cortisol verbunden. Werden sie ausgelöst, sorgen sie dafür, dass jede Zelle deines Körpers diese Hormone freisetzt, um die nötige Energie und Wachsamkeit zu erzeugen. Du bist quasi 24/7 im Dauerstress, denn solange die Stressschutzreflexe aktiv sind, reagiert dein Nervensystem auf jeden Reiz, der auf dich einwirkt als potenzielle Gefahr und regt die Produktion der Stresshormone immer weiter an.
Ein intaktes Stressschutzreflexsystem hilft, das Gleichgewicht im autonomen Nervensystem zu bewahren. Es sorgt dafür, dass der Körper nach einer stressigen Situation wieder in den Ruhezustand zurückkehrt. Bei bestehenden Restaktivitäten des Furcht-Lähmungs- und Moro-Reflexes kann dies das Nervensystem überlasten und zu chronischem Stress, Angstzuständen und sogar physischen Gesundheitsproblemen führen.
Last but not least: Stressschutzreflexe sind eng mit der Resilienz des Menschen verbunden. Sie bestimmen, wie gut du in der Lage bist, mit Stress umzugehen und dich von stressigen Situationen zu erholen. Ein gut funktionierendes System dieser Reflexe erhöht die Stressresilienz, indem es deinen Körper in Stresssituationen schützt und eine schnelle Rückkehr zur Normalität ermöglicht.
Endlich ent-stresst! Mit Reflexintegration.
Reflexintegration hat mein Leben und das Leben aller Menschen um mich herum nachhaltig positiv verändert. Die erste deutliche Veränderung war bereits nach der Integration der Stressschutzreflexe zu merken; wobei gar nicht ich selbst es war, die an mir gemerkt hat, dass sich so einiges in meiner Wahrnehmung meines Alltags und meinem Umgang damit verändert hat. Ich erinnere es noch wie heute: nur wenige Tage nach der Integration stand mein großer Sohn in der Küche neben mir, schaute mich sehr besorgt und etwas unsicher an und fragte mich, ob denn wohl mit mir alles in Ordnung sei. Ich verstand gar nicht, was er meinte, weshalb er nachhakte und noch einmal fragte, ob ich vielleicht frisch verliebt sei, etwas tolles im Job erlebt hätte oder sonst irgendeine gute Sache passiert ist. Als ich immer noch nicht verstand, brach es förmlich aus ihm raus und er meinte: Mama, du bist so gechillt und entspannt – das ist einfach nicht normal! Tatsächlich war es mir bis zu dem Moment noch gar nicht aufgefallen; aber tatsächlich hatten wir in den Tagen zuvor deutlich weniger Streit zu Hause, wir lachten mehr und beim Abendessen konnte ich die Wortstürme, die auf mich einprasselten, weil 3 Kinder gleichzeitig immer lauter auf mich einredeten, viel relaxter nehmen und bin total ruhig geblieben.
Im Reflexintegrationstraining arbeiten wir daran, restaktive frühkindliche Reflexe zu erkennen und so dann gezielt und dauerhaft zu integrieren. Dadurch lernt dein Körper, Stressoren besser zu bewältigen und das Gleichgewicht im Nervensystem wiederherzustellen. Deine Stressresilienz wird erhöht und deine Fähigkeit zur emotionalen und physischen Selbstregulation verbessert sich.
Menschen, die zu mir kommen, erkläre ich das am einfachsten so: Stell dir einmal eine Diskette vor, auf der wir früher Dateien gespeichert haben. Diese Disketten hatten einen Schreibschutz, der durch einen kleinen Schieber an- bzw. ausgeschaltet werden konnte. Die restaktiven Stressschutzreflexe sorgen dafür, dass der Schieber dauerhaft oben, der Schreibschutz also aktiv ist. In der Schwangerschaft hat dein Nervensystem dank der Stressschutzreflexe gelernt und durch wiederholtes Üben erfahren, dass ein Reiz eine Gefahr darstellt und dass dein Körper in der Lage ist, aus sich selbst heraus auf diese Gefahr zu reagieren und dein Überleben zu sichern. Evolutionär betrachtet, sollte der Schreibschutz deines Nervensystems jedoch spätestens wenige Wochen nach der Geburt aufgehoben werden, so dass alles, was du vor deiner Geburt, während dessen und kurz danach erlebt hast von den neuen, positive Erfahrungen, die du jeden Tag machst, überschrieben wird. Die Restaktivitäten deiner Stressschutzreflexe verhindern quasi das Verschieben des Schreibschutzschiebers in deinem Nervensystem. Und so sehr du – kognitiv – in der Lage bist, einzuschätzen und zu wissen, dass du in Sicherheit bist und dir in deinem Umfeld keine Gefahr droht – dein Nervensystem kann diese Erfahrungen nicht abspeichern, sondern bleibt im Dauer-Gefechtsmodus.
Durch Reflexintegration wird dein Nervensystem stabilisiert und die natürliche Fähigkeit deines Körpers, mit Stress umzugehen gestärkt. Der „Schreibschutz“ wird aufgehoben und all die vielen tollen Erlebnisse deines Alltags kommen endlich auch in deinem Nervensystem an und lassen Vertrauen als Gefühl in deinen Körper einziehen: Vertrauen in dich, Vertrauen ins Leben – Urvertrauen eben.
Positive Auswirkungen der Reflexintegration auf deine Resilienz
Reflexintegrationstraining kann Deine Resilienz und Dein Stressempfinden deutlich verbessern:
- Stärkung des Nervensystems: Durch die Integration frühkindlicher Reflexe wird Dein Nervensystem stabiler und weniger anfällig für Überreaktionen bei Stress. Das bedeutet, dass Du alltägliche Herausforderungen gelassener bewältigen und schneller wieder zur Ruhe finden kannst.
- Bessere emotionale Selbstregulation: Integrierte Reflexe ermöglichen es Dir, Deine Emotionen besser zu steuern. So bleibst Du auch in stressigen Situationen ruhig und kannst besonnen reagieren, anstatt impulsiv oder übermäßig emotional zu handeln. Das ist ein zentraler Aspekt von Resilienz.
- Mehr Anpassungsfähigkeit: Reflexintegration macht es Deinem Gehirn leichter, auf neue und unerwartete Situationen flexibel zu reagieren. Diese gesteigerte Anpassungsfähigkeit hilft Dir, Herausforderungen lösungsorientiert und souverän zu meistern.
Einfluss der Reflexintegration auf dein individuelles Stressempfinden
Zugegeben, ich kann deinen Tag nicht ändern. Und doch ändert sich alles, wenn du deinen Tag plötzlich anders erlebst, weil Dein Nervensystem gelernt hat, ruhig zu bleiben und nicht mehr auf jeden Reiz im „Kampf-oder-Flucht“-Modus zu reagieren.
- Weniger Überempfindlichkeit gegenüber Stress: Unvollständig integrierte frühkindliche Reflexe können dazu führen, dass Dein Nervensystem auf Reize überempfindlich reagiert, was Dein Stressempfinden erhöht. Durch die Reflexintegration wird Dein Körper weniger anfällig für äußere Stressoren, was Deinen Alltag spürbar entlastet.
- Bessere Entspannungsfähigkeit: Die Reflexintegration stärkt Dein parasympathisches Nervensystem, das für Ruhe und Entspannung sorgt. So kannst Du nach Stresssituationen schneller in den Entspannungsmodus wechseln, was das anhaltende Stressempfinden deutlich reduziert. Deine nächtlichen Gedankenkaruselle finden nicht mehr statt und die To-Do-Listen in deinem Kopf werden weniger.
- Physische Entlastung: Reflexintegration hilft Deinem Körper, physiologisch besser auf Stress zu reagieren, zum Beispiel durch den Abbau von Muskelverspannungen, die oft durch chronischen Stress entstehen. Das reduziert körperliches Unwohlsein und macht es Dir leichter, Dich insgesamt weniger gestresst zu fühlen.
- Mehr Stressresilienz: Insgesamt macht Dich die Reflexintegration stressresistenter. Du erlebst Stress nicht mehr als überwältigend, sondern als etwas, mit dem Du souverän umgehen kannst. Dinge, die dir im Alltag passieren, sind nur noch genau das: Erlebnisse und Erfahrungen.
Mein Fazit
Mein Leben hat sich durch das Reflexintegrationstraining maßgeblich verändert. Das heißt nicht, dass ich mich nie mehr aufrege oder den ganzen Tag völlig gechillt und entspannt bin. Aber ich habe gelernt, schneller aus stressigen Situationen herauszufinden und mich nicht mehr so leicht aus der Bahn werfen zu lassen. Die Fähigkeit, auch in herausfordernden Momenten ruhig zu bleiben und gezielt zu reagieren, hat mir eine ganz neue Lebensqualität geschenkt. Jetzt kann ich meinen Alltag mit mehr Gelassenheit und innerer Stärke meistern, was für mich unbezahlbar ist.
Meine Methode, um Stress abzubauen, ist also ganz eindeutig: Reflexintegration! Und meine Strategie für einen souveränen Alltag lautet: regelmäßiges Auffrischen der Integration der Stressschutzreflexe (das dauert einmal im Monat ca. 10-15 Minuten) und immer dann, wenn ich merke, dass ich mich gestresst fühle: gezielte Aktivierung des ventralen Vagus (ich glaube, dazu schreibe ich direkt einen eigenen Beitrag) und Wiederholen meiner Stressschutzreflexe-Übungen. Oder anders zusammengefasst: Meine Antwort auf nahezu jede Frage über einen anderen Umgang mit Stress beginnt zunächst immer mit Reflexintegration.
Guten Morgen Claudia,
Ich habe Dein Artikel gelesen und gedacht EEEENDLICH wird über das Thema geschrieben. EEEENDLICH wird mehr drüber gesprochen.
Frühkindliche Reflexe so ein wichtiges Thema, aus eigener Erfahrung kann ich sagen. Ein Must-Have. Danach ist man ein anderer Mensch und gleichzeitig, holy shit ich brauch dazu ganz schön viel Zeit und Kapazitäten zu integrieren (bei mir Mororeflex).
Was ich sagen will, danke für Dich und dass Du mit diesem Thema raus gehst.
Liebe Julia.
Danke für deine lieben Worte! Mir liegt dieses Thema einfach so sehr am Herzen; ich bin der Meinung, einfach JEDER, der mit Menschen arbeitet, sollte darum wissen – insbesondere, wenn als Pädagoge, Lehrer, Coach, Therapeut usw. unterwegs bin. Für mich ist das die Basis allen Arbeitens. Jedes Coaching wirkt anders und effektiver (um nicht besser zu sagen), wenn die Stressschutzreflexe und vielleicht sogar auch der Bonding-Reflex integriert sind. Jede Nachhilfe macht plötzlich ganz anders Sinn. LRS und Legasthenie oder Kinder mit verhaltensbedingten Auffälligkeiten – es ist soviel möglich, ganz ohne jede Medikamention.
Ich danke dir sehr für dein Feedback! Und hey, wenn du beim Moro noch Unterstützung brauchst, damit die Integration nun auch dauerhaft hält, dann melde dich gern bei mir! 😘 Sonnige Grüße, deine Claudia
Liebe Claudia,
ich bin total begeistert – denn schon wieder erfahre ich (und bestimmt die meisten Leserinnen) eine neue Methode, um mit Stress gelassener und besser umgehen zu können.
Den Zusammenhang zwischen restaktiven frühkindlichen Reflexen und Stress kannte ich nicht. Ich hatte sogar noch nice von „restaktiven frühkindlichen Reflexe“ gehört. Gerne mache ich selbst einmal deinen Test, um zu checken, wie es bei mir damit bestellt ist.
Vielen, lieben Dank für diesen wertvollen Beitrag.
Alles Liebe und atementspannte Grüße,
Jutta
PS: hast du meinen Artikel „Mit Atemtechniken zu mehr Gelassenheit“ schon gelesen? https://yuttayoga.de/blog/stress-lass-nach-mit-atemtechniken-zu-mehr-gelassenheit/
Liebe Jutta,
whoop! whoop! Wenn ich genau das erreiche, das einfach immer mehr Menschen über frühkindliche Reflexe etwas wissen, zumindest, dass es sie gibt und dass sie eine Ursache für so viele, unseren Alltag (negativ) bestimmende Herausforderungen sein können – dann habe ich schon eine ganze Menge erreicht. Insofern freue ich mich sehr, dass du hier etwas Neues erfahren konntest und bin gespannt, was der Test für dich ergibt. Melde dich gern, wenn du Fragen zu r Auswertung hast oder wissen möchtest, wie du aktiv restaktive frühkindliche Reflexe hemmen kannst.
Nein, deinen Artikel zu den Atemtechniken habe ich noch nicht gelesen, werde ich unbedingt tun und bin gespannt, ob die 47-11-Atmung darin auch vorkommt.
Einen ent-stressten (All)Tag wünsche ich dir und sende sonnige Grüße,
deine Claudia
Liebe Claudia,
werde mich gern melden bei Fragen zu den frühkindlichen Reflexen.
Die 4711-Atmung habe ich bewusst nicht aufgenommen. Sie stresst viele Frauen, weil es ihnen schwer fällt, ganz entspannt 11 Sekunden die Luft anzuhalten. Erst, wenn du in der Lage bist, nach den 11 Sekunden Atempause wieder ganz relaxed einzuatmen, also keinen größeren Atemzug benötigst, wirkt diese Atemübung entspannend.
Praktizierst du sie? Wie erlebst du nach der Atempause die Einatmung? Freue mich riesig über Feedback – gern auch unter meinem Beitrag.
Ganz liebe und atementspannte Grüße, Jutta 🌬️💚
Liebe Claudia,
ein herzliches Dankeschön für diesen ausführlichen Artikel, den ich mit großem Interesse gelesen habe. Von dieser Methode höre ich zum ersten Mal. Da kann auch ich sicher noch etwas integrieren.
Ich werde mich mit dem Thema der Reflexintegration näher beschäftigen und den Test machen. Ich bin gespannt…
Liebe Grüße, Birgit