Als Silke Schwerdtfeger zu ihrer Blogparade Gemeinsam gegen Mobbing eingeladen hat, wusste ich sofort, dass ich hier unbedingt einen Beitrag dazu schreiben möchte. Dieser Blogbeitrag floß mir förmlich aus den Fingerspitzen, denn der „Kreis des Glücks“ ist etwas, das ich einfach in allen Gruppen regelmäßig, immer wieder mache – ganz egal, in welchem Kontext ich in Kita oder Schule unterwegs bin. Warum und was sich dahinter verbirgt, liest du hier:
Fragen wir Kinder nach ihren Stärken, so fällt es ihnen häufig schwer, zu antworten. Dinge, die sie schon gut kennen zu benennen, stellt für viele von ihnen eine echte Herausforderung dar. Fragen wir Kinder hingegen nach Schwächen und Dingen, die sie nicht können, dann kommen die Antworten – erschreckenderweise – zumeist wie aus der Pistole geschossen. Umso wichtiger ist es in meinen Augen , frühzeitig damit zu beginnen, die Stärken unserer Kinder zu stärken und in den Mittelpunkt ihrer Entwicklung zu stellen. Wenn wir wollen, dass sie sich zu charakterstarken und selbstbewussten Erwachsenen entwickeln, sollten wir unsere Verantwortung während ihrer Kindheit ernst nehmen und schon frühzeitig damit beginnen, bestärkend auf die Entwicklung ihrer Persönlichkeit einzuwirken. Ein wundervolles kleines Tool, welches ich in jedem meiner Kinderkurse, im Rahmen der Lernclubs, aber auch auf Elternabenden und Pädagogenschulungen immer wieder verwende, stelle ich dir in diesem Beitrag vor. Es ist der „Kreis des Glücks“.
Was ist der „Kreis des Glücks“?
Beim Kreis des Glücks – oder auch Tunnel des Glücks – geht es darum, die Kinder in ihrer Persönlichkeit zu stärken und den Fokus auf ihre positiven Eigenschaften und Fähigkeiten zu richten. Ziel dieses Spiels ist, das Glücklichsein der Kinder zu fördern und ihre (Selbst-)Wahrnehmung zu verändern.
Glücklichsein kein Zustand ist, den wir mit äußeren Gegenständen erreichen. Es ist vielmehr eine Frage der eigenen Wahrnehmung, der „richtigen“ Gedanken. Glücklich sein ist eine Entscheidung, die jeder Mensch – und damit auch jedes Kind – für sich selbst treffen darf. Mit dem Kreis des Glücks förderst du die Entscheidungskompetenz deines Kindes für sein Glücksempfinden.
Durchführung
Alle Kinder stellen sich in einem Kreis gemeinsam auf. In der Regel achte ich darauf, dass die Kinder nahezu Schulter an Schulter stehen. Die vereinfacht die spätere Durchführung erheblich. In Gruppen von mehr als 15 Kindern tendiere ich häufig zu einer Teilung in 2 Kreise; je nach Alter der Kinder auch erst ab einer Gruppenstärke von 20 Kindern.
Wenn ich den Kreis mit Erwachsenen durchführe wähle ich in der Regel statt des Kreises einen Tunnel und bitte die Teilnehmer, sich in zwei Reihen aufzustellen – nebeneinander und jeweils immer 2 sich gegenüber stehende Personen.
Im nächsten Schritt übe ich mit den Kindern die sog. „Heldenpose“. Dazu frage ich die Kinder, ob sie einen Superhelden haben und bitte sie, mir zu zeigen, wie ihre Superhelden am Ende eines Kampfes oder einer Herausforderung stehen – im Moment ihres Siegs – und fordere sie auf, diese Pose selbst einmal zu machen. Ich mache dann ebenfalls (m)eine Heldenpose und so sehen Kinder, die gerade unsicher sind, welche Körperstellung gemeint ist und haben die Möglichkeit, es mir und ihren Freunden gleich zu tun. Zur Sicherheit spielen wir ein paar Runden „Heldenpose“, d.h. ich stehe im oder ausserhalb des Kreises und sage „Heldenpose“. Die Kinder sollen dann entsprechend jedes Mal die Arme nach ober ausstrecken und mit den Beinen schulterbreit auseinander stehen.
Bevor ich auf den weiteren Verlauf des Kreises eingehe, stelle ich den Kindern folgende Fragen:
- Wer von euch hatte schon mal ein richtig gutes Gefühl?
- Wer von euch möchte sich heute richtig, richtig gut fühlen und ein riesengroße Portion guter Gefühle spüren?
- Wer ist bereit, in den nächsten Minuten sein Bestes zu geben, sich an die Regeln zu halten und so dafür zu sorgen, dass sich jeder heute einmal wie ein echter Superheld fühlen darf?
Nach jeder Frage warte ich ab, ob sich alle – wirkliche alle – Kinder melden oder laut „ja“ rufen. Wenn bei der letztenFrage Unsicherheit bei den Kindern aufkommt, erläutere ich, dass mit dem „Kreis des Glücks“ Herzen gestärkt – aber, wenn einer die Regeln nicht einhält, Herzen auch gebrochen werden können. Danach frage ich dann ggf. ob wir heute gemeinsam Herzen brechen oder Herzen stärken wollen. Spätestens dann habe ich alle Kinder an Bord.
Nun erkläre ich ihnen die weitere Vorgehensweise: Nach und nach kommt jedes Kind einzeln dran; das Kind, welches dran ist, geht in die Kreismitte. Es sucht sich aus, wo es mit seinem persönlichen Kreisgang starten möchte und stellt sich dann vor das entsprechende Kind und schließt seine Augen.
Von Kind zu Kind geht es im Kreis herum; vor jedem weiteren Kind bleibt es stehen. Nach und nach flüstert jedes Kind dem „Kreiskind“ positive, liebe, nette und bestärkende Worte ins Ohr. Ich gebe an dieser Stelle ein paar Beispiele:
- Du bist ein guter Freund / eine gute Freundin.
- Du hast tolle Haare.
- Du bist lieb.
- Ich mag es, wie du mit mir lesen übst.
- Du bist kreativ und baust du tollsten Kapple-Werke.
So wandert das Kreiskind einmal Reih um; wenn es wieder am Ausgangspunkt seines Kreisgangs angelangt ist, geht es in die Kreismitte zurück, macht die Heldenpose und öffnet seine Augen.
Nun wird das Kind von allen anderen gefeiert. Es wird geklatscht, gepfiffen und der Name des Kindes im Rhytmus des Applauses gerufen. Verstärkend mache ich an dieser Stelle Musik an – laut! – durch die dieses Feiern deutlich untermauert und die Stimmung zusätzlich angefeuert wird. Am liebsten benutze ich dafür z.B. Levels von Avicii (ab ca. Sek. 22), doch natürlich sind auch viele andere Songs geeignet.
Auf dieselbe Weise wird jedes weitere Kind nun durch den „Kreis des Glücks“ geführt und am Ende bejubelt und gefeiert.
Durchführbarkeit zu Hause
Ganz oft werde ich von Eltern angesprochen und nach diesem ominösen „Kreis des Glücks“ gefragt; nachdem ich ihnen davon erzählt habe, würden einige gern etwas vergleichbares auch zu Hause mit und für ihre Kinder tun. Damit es nicht an den zuwenigen Teilnehmern scheitern muss, erläutere ich ihnen kurz eine kleine Abwandlung, mit der sie den „Kreis des Glücks“ auch im kleineren Familienkreis spielen und so oft sie mögen wiederholen können. Das Kind stellt sich an einen Platz, schließt die Augen und nun treten die restlichen Familienmitglieder 1 Minuten (oder auch 2 Minuten) immer wieder abwechselnd an das Kind heran und flüstern ihm positive, bestärkende, liebevolle Worte ins Ohr. Wenn die Zeit abgelaufen ist, geht die Musik an, das Kind stellt sich in Heldenpose und öffnet seine Augen. Alle Familienmitglieder feiern ihren Superhelden. Mama und Papa dürfen sich natürlich auch mit verschlossenen Augen ganz viele Komplimente ins Ohr flüstern lassen.
Warum einen „Kreis des Glücks“?
„Glück hängt nicht davon ab, wer du bist oder was du hast. Glück hängt nur davon ab, was du denkst.“
(Dale Carnegie)
Um einen gesunden, positiven Selbstwert zu entwickeln und um glücklich zu sein, kommt es vor allem auf die Art unseres Denkens an. Menschen, die bei allem das Negative sehen, sich oft beklagen und ständig am meckern und mosern sind, deren rechter Stirnlappen arbeitet sehr aktiv. Dieser ist zuständig für Empfindungen wie Stress, Angst, Beklemmungen und Depressionen. Menschen mit erhöhter Aktivität des linken Stirnlappens hingegen denken positiver und empfinden auch positivere Gefühle, da der linke Stirnlappen für Freude, Glück und Zufriedenheit zuständig ist. Wenn wir also wollen, dass unsere Kinder lernen, ihren Fokus auf positive Gedanken und glücksteigernde Gefühle legen, dann gelingt dies am einfachsten, in dem wir die Aktivität ihres linken Stirnlappens erhöhen.
Der „Kreis des Glücks“ ist dafür ein tolles, ganz wundervolles Spiel. Kinder, die diesen einmal mitgemacht haben, erinnern sich noch lange an das Gefühl, nach all den wertschätzenden und liebevollen Worten in der Kreismitte gefeiert und umjubelt zu werden. Sie strahlen über´s ganze Gesicht und ihr Glücksgefühl ist nicht nur für sie selbst, sondern für alle Beteiligten deutlich spür- und sichtbar. Diese Erinnerung tragen sie in sich.
Ich genieße es sehr, die „Kreise des Glücks“ wieder und wieder zu begleiten. An manchen Tagen treibt es mir die Tränen in die Augen, das Glück der Kinder zu sehen. Manch ein Kind ist es überhaupt nicht gewohnt, dass ihm überhaupt jemals positive Eigenschaften attestiert werden; für viele ist es eine Dusche toller Gefühle. Fühl dich eingeladen, es selbst einmal auszuprobieren – es wirkt!
Liebe Claudia,
das ist eine wirklich großartige und berührende Methode, Kinder zu stärken und ein Verbundenheitsgefühl zu erschaffen. Und ja, ich glaube auch: starke Kinder, die sich verbunden fühlen, mobben keine anderen Menschen.
Vielen Dank fürs Teilen!
Von Herzen
Pia
Liebe Pia,
wow! Danke für dein liebes Feedback. Ja, ich sehe es ganz genauso. Menschen, die mit sich selbst im Einklang sind, die ihre Stärke in sich tragen und finden und die im Vertrauen sind, haben es nicht nötig, andere Menschen zu schikanieren oder zu verunglimpfen, um sich selbst gut fühlen zu können. Sonnige Grüße, deine Claudia